Wir müssen uns für höhere Risiken wappnen
Landwirtschaftsminister Özdemir will tier- und umweltgerechte Neu- und Umbauten von Schweineställen fördern. Erstmals will der Bund auch die laufenden Kosten solcher Ställe mit subventionieren. Was bedeutet dies für die Biobauern?
Von diesem Investitionsförderprogramm profitieren unsere Biobauern. Die politischen Signale sorgen für mehr Interesse bei Umstellern und können auch kleineren Betrieben eine Zukunftsperspektive geben. Einige Betriebe, die in ihren Planungen bereits weiter waren, warten nun auf die konkreten Umsetzungen der Programme. Sicherlich entsprechen die zur Verfügung gestellten Summen nicht dem wirklichen Bedarf, der nötig ist, um die Tierhaltung nachhaltig zu transformieren. Durch die Maßnahmen sollte es möglich werden, Biofleisch an der Theke zu Konditionen anzubieten, die zukünftig konkurrenzfähiger sind. Biofleisch darf nicht zu teuer werden, sonst sinkt die Kundenakzeptanz. Die Subventionierung laufender Kosten für kleine und mittelständische Betriebe ist eine Möglichkeit, dies zu gewährleisten.
Wie hat sich der Fleischabsatz der Bio-Genossen im vergangenen Jahr entwickelt?
Im Vergleich zu einem sehr guten Jahr 2021, lief auch das Jahr 2022 für uns erstaunlich gut. Unser Absatz blieb stabil, das hatten wir gar nicht so positiv erwartet. Natürlich sind wir auch bei den steigenden Energiepreisen auch nicht außen vor, unsere Produktionskosten sind entsprechend gestiegen.
Welche Rolle spielt der Außer-Haus-Verzehr für das Unternehmen?
Wir sind im Segment Großverbraucher gut aufgestellt und beliefern Kliniken sowie Kantinen. Es ist wichtig, den Außer-Haus-Verzehr stärker zu thematisieren. Sicherlich sind speziell in diesem Bereich die Absatzmöglichkeiten von Bio-Schweinefleisch schwieriger. Wir werden uns zukünftig im Conveniencesegment mit küchenfertigen Produkten noch besser aufstellen und weitere Caterer ansprechen, die von alleine nicht auf Bio aufmerksam werden.
Welche Bedeutung hat Bio als Haltungsform derzeit im Markt?
Wir bewegen uns mit tiergerechten Haltungsformen immer noch in einer Nische. Der derzeitige Marktanteil von einem Prozent ist durchaus ausbaufähig. Bio bietet beispielsweise den Schweinen einfach ein Maximum an Platz. So hat ein Schwein aktuell bei Haltungsform 4 – der höchsten konventionellen Stufe – nur 1,5 qm, ein Bio-Schwein hingegen mindestens 2,3 Quadratmeter Platz. Die Frage ist, ob wir mit unserer guten Produktionsweise entsprechend beim Kunden ankommen? Wir müssen die Vorzüge authentisch kommunizieren – hier sehe ich noch Ausbaupotential.
Welche Auswirkungen hat die aktuelle Debatte zur nachhaltigen Ernährung auf den Biofleischabsatz? Wie positioniert sich die Biobranche hierbei?
Die Diskussion um eine tiergerechte Haltung wird derzeit überlagert durch die Debatte um eine klimagerechtere Landwirtschaft. Dabei schneidet Fleisch generell eher immer negativ ab. Die Bioverbände müssten dieses Thema noch stärker spielen und die nachhaltigen Leistungen der Produktion in den Blickpunkt stellen. Spannend ist hierbei das Rechenmodell der Regionalwert-Gruppe, die den monetären Wert der nachhaltigen Leistungen für landwirtschaftliche Betriebe ermittelt. Wir prüfen derzeit, inwieweit diese Berechnung auch für unsere Genossenschaft interessant sein könnte, um damit die Kunden gezielt zu informieren.
Vor welchen konkreten Herausforderungen steht die Branche in den nächsten Jahren?
Ein wichtiger Punkt ist die Sicherung der Arbeitskräfte in den nächsten Jahren. Wer macht die Arbeit auf der Erzeuger- und Verarbeiterseite? Zudem stellt der Klimawandel für die Futterproduktion ein höheres Risiko dar. Die Unsicherheiten werden in Zukunft sehr wahrscheinlich zunehmen. Es wird für die Landwirte schwieriger zu planen. Landwirte müssen zukünftig stärker Reserven bilden, um für eventuelle Engpässe gewappnet zu sein. Damit darf man sie nicht alleine lassen."